Dersekow

Geschichte und Ausstattung der Kirche

Dersekow „im Lande Gützkow“ wird erstmals 1218/20 in einer Urkunde des Klosters Eldena erwähnt. „Dirscowe“ bedeutet „der Ort des Diržik“. Die heutige Schreibung „Dersekow“ findet sich seit 1280 (plattdt. „Dirschau“). 1241 gehörte das Dorf noch zur Pfarre Gützkow.

In den Jahrzehnten des 13. Jh.s vollzog sich der Wechsel von der slawischen zur niederdeutschen Sprache, der alle Kulturbereiche berührte. Das bereits deutschnamige „Gripeswolde“ (Greifswald) entstand ab 1220 im nordöstlichen Umfeld Dersekows. „Hinrikeshagen“ (Hinrichshagen), der einzige nichtslawische Ortsname des späteren Dersekower Kirchspiels, liegt ebenfalls in dieser Richtung. Zur Peene zu sind dagegen alle Ortsnamen slawisch geblieben.

Das Dersekower Kirchengebäude wird anfangs ein einfaches Holzgebäude gewesen sein. 1280 kam die Parochialkirche unter das Eldenaer Patronat. Zugehörige Orte waren schon damals Pansow, Klein Zastrow, Subzow und die beiden heute nicht mehr existierenden Weiler Tribesow und Malosice, vielleicht auch schon Hinrichshagen. In Pansow und Klein Zastrow existierten einfache Kapellen, deren Gründung ins 14. Jh. zurückreichen wird. Von diesen Bauten ist heute nichts mehr erhalten. Die seit dem Dreißigjährigen Krieg baufällige Kapelle von Klein Zastrow ging im 18. Jh. spurlos unter. Die Alt Pansower Kapelle wurde dagegen im 19. Jh. neu errichtet.

Anders als das Handwerkerdorf Dersekow war und blieb „Lütken“ Zastrow bis zum 19. Jh. eine adlige Grundherrschaft. Ab 1305 war dort die Familie von Blixen ansässig. Unter der Dersekower Sakristei befindet sich eine ihrer Familiengrabstellen, die andere liegt in der Görminer Kirche.

1331 wurde Dersekow zum selbständigen Kirchspiel. Aus dieser Zeit scheinen die Feldsteinmauern zu stammen. Die Langseiten des Kirchengebäudes prägen sie bis heute. Über das Patrozinium, die Zuordnung eines Namensheiligen, ist bisher nichts bekannt. Seit 1396 sind mehrere Dersekower Plebane erwähnt. Die Priesterpforte auf der Nordseite war dem geistlichen Personal vorbehalten – heute dient das seit dem 17. Jh. teilweise zugesetzte Portal als Fenster für die 1955 entstandene Winterkirche.

Eine Urkunde von 1486 zeigt die Dersekower Gemeinde verbunden mit Hinrichshagen, Buchenberg und Hohenmühl. Diese drei Orte waren ebenfalls adlige Herrschaften. Vom 16. Jh. bis zum späten 19. Jahrhundert waren allen Ortsteilen spezielle Sitzbereiche im Kircheninneren und abgegrenzte Grabstellenbereiche auf dem Friedhof zugewiesen.

Das Dersekower Kirchengebäude spiegelt in seinem Grundriß noch immer die mittelalterliche Ursprungsanlage wider. Eine Naht in den westlichen Wandbereichen deutet auf Erweiterungspläne hin, deren Ausführung auch in Dersekow vermutlich durch den „Schwarzen Tod“, die große Pestepidemie ab 1348/49, verhindert wurde. Der ursprüngliche Raum wird eine hölzerne Flachdecke getragen haben. Das bis heute dominante doppeljochige Gewölbe entstand erst nach 1400. Der Schaugiebel im Osten bildet den Schlusspunkt der mittelalterlichen Bautätigkeit. Bauhistorisch wird er in die Zeit um 1500 eingeordnet. Von den anzunehmenden Malereien in seinen Putzblenden hat sich leider nichts erhalten. Neuerdings konnten bauzeitliche Reste einer Ziegelimitation festgestellt werden.

Der Glockenstuhl im Turm konnte dendrochronologisch auf 1432 datiert werden. Er muss ursprünglich frei auf dem Friedhof gestanden haben, denn die Turmkonstruktion ist jüngeren Datums. Von den mittelalterlichen Ausstattungsstücken blieb nur die Tauffünte aus gotländischem Kalkstein (um 1300) und ein vergoldeter Priesterkelch (um 1480) erhalten. Die mittelalterlichen Glocken gingen in den nachreformatorischen Kriegen unter. Die schmucke Messingtaufschale gehört zur süddeutschen Serienproduktion um 1500. Sie wurde der Kirchengemeinde aber erst 1706 von „Paul Zehlens Witwe“ gestiftet, wie inschriftlich auf dem Beckenrand festgehalten ist.

             

1531 setzte sich die Reformation in Greifswald durch. Ab 1535 griff die Reformation auf obrigkeitlichem Wege auch auf Dersekow aus. Der hier gelegene Klosterbesitz wurde ins herzogliche Amt Eldena überführt. Über die nachreformatorischen Veränderungen des Kircheninneren haben sich keine Informationen erhalten.

Vor dem Dreißigjährigen Krieg hatte Dersekow 16 Bauern, 8 Kossäten, mehrere Handwerker, Müller, Krüger, Kuh- und Schafhirten. Der letzte Fürst des pommerschen Greifengeschlechtes, Herzog Bogislaw XIV., schenkte 1634 das Eldenaer Amtsland der Greifswalder Universität. Deswegen ist die Universität bis heute der größte Landeigner der Gegend. Ins 17. Jh. reichen auch die ältesten Dersekower Kirchenregister zurück. Das älteste Rechnungsbuch wurde mit einem mittelalterlichen Pergamentblatt umhüllt, das man als Bologneser Handschrift des Codex Justiniani von ca. 1250 erkannt hat. Es stellt das älteste in der Gemeinde vorhandene Schriftrelikt dar.

Zwischen 1630 und 1648 kam es in der ganzen Gegend zu schweren Kriegsverwüstungen. Von der nachreformatorischen Innenausstattung (Altar, Kanzel, Kirchengestühl) hat sich nichts erhalten. Auch die Hälfte aller Bauernhöfe ging verloren. Der – örtlich verschiedene – Bevölkerungsverlust wird auf bis zu 50 Prozent geschätzt. Die wirtschaftliche und soziale Erholung benötigte Jahrzehnte. 1697 hatte Dersekow 22 Häuser. 1774 lebten hier 254 Einwohner in vier Bauernhäusern, 31 Katen, einem Pfarrhaus und dem Pfarrwitwenhaus. 73 Bewohner waren frei, 181 leibeigen.

Bis zum Ende des 18. Jh.s wandelten sich Pansow, Klein Zastrow und Subzow zu Gutsdörfern. Auch Dersekow erhielt bis 1816 fünf Gutspachthöfe der Universität mit fast 600 ha Ackerland. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden außerdem die Gutspachthöfe Neu Pansow und Johannistal.

Die wirtschaftlich prosperierende Zeit führte um 1860 zu baulichen Ergänzungen und einer neuen Innenausstattung der Dersekower Kirche: Die Restaurierung unter den Vorzeichen der Neogotik erfolgte durch den Greifswalder Universitätsbaumeister Gustav Emil Benedikt Müller. Die Seitenanbauten, in deren feingliedrigen, verputzten Spitzbögen noch die Tradition der Berliner Schinkelschule nachklingt, waren bis 1982 mit getreppten Blendgiebeln versehen.

        

Im Inneren gehen Gestühl und Kanzel (1859/60) sowie die Orgel (1861) und das gusseiserne Fenstermaßwerk auf diese Neugestaltung zurück. In den Fenstern haben sich Teile der Originalverglasung aus jener Zeit erhalten.

1865 lebten im Kirchspiel Dersekow 1.206 Einwohner in 224 Familien und 107 Häusern. Es bestanden drei Schulen (1865: 188 Schüler – Dersekow (112 Schüler), Alt Pansow (36), Hinrichshagen-Dorf (35). In dieser Zeit wurden über 60 Einzelwirtschaften und Betriebsteile gezählt.

Im Ersten Weltkrieg waren 34 Gefallene zu beklagen. Für sie wurde im nördlichen Seitenanbau eine Gedenktafel errichtet. 1938 wurde entlang der Gewölberippen durch den Restaurator Gustav Hoffmann (1883-1974) eine Rankenmalerei aus dem 15. Jahrhundert freigelegt und ergänzt. 1925 zählte die Gemeinde 748 Einwohner (Dersekow 359, Pansow 209, Klein Zastrow 180).