Geschichte und Ausstattung unserer Kirche
Nach der Zerstörung ihres Klosters in Dargun zogen Ziesterziensermönche an die Mündung des Flusses Hilda, der seinen slawischen Namen Ryck (von reka=Fluss) bis heute behalten hat. Hier gründeten sie 1199 ein Kloster, das dann als Kloster Eldena bekannt wurde. Eldena ist heute ein Teil der Hansestadt Greifswald und bekannt durch seine malerischen Klosterruinen, die im 19. Jahrhundert Caspar David Friedrich inspirierten und ihn lebenslang begleiteten. Der Eldenaer Zisterzienserkonvent wurde von den Rügenfürsten u.a. mit umfangreichen Ländereien auch um Loitz ausgestattet. Im 13. Jahrhundert begannen Bauhütten mit der Errichtung von Kirchen in den hier entstehenden Kirchspielen. Auch in Görmin, dass erstmals 1270 erwähnt wird, wurde der Grundstein zur Kirche gelegt. Ihre urkundlich erste Erwähnung fällt ins Jahr 1335. Doch vieles deutet daraufhin, dass der aus Feldsteinen gemauerte Chorraum mit seinem prächtigen Domikalgewölbe schon um 1250 errichtet wurde. Für die Leibungen der Fenster in der gestaffelten Dreiergruppe des Ostgiebels und die paarweise angeordneten Spitzbogenfenster an den Seiten wurde schon Backstein verwendet. Die nördlich angebaute Sakristei mit ihrem gedrungenen Kuppelgewölbe entstand zeitgleich mit dem Chor.
1375 bis 1378 entstand das backsteinerne Kirchenschiff mit drei aufwändig profilierten Portalen und bemalten Kreuzrippengewölben. Die reich gestaltete Schauseite des Westgiebels wird seit dem 19. Jahrhundert vom Turmobergeschoß verdeckt, ist aber im Turminnneren noch zu bewundern. Nach Fertigstellung des Langschiffes wurde unsere Kirche der Maria und dem Heiligen Dionysius geweiht.
Der Feldsteinunterbau des Turmes stammt wahrscheinlich aus dem 15. Jh. Auf diesem stand ein hölzerner, weithin sichtbarer Turm. Er musste 1768 wegen Baufälligkeit abgenommen werden. Erst 100 Jahre später, im Jahre 1869, kam es zur Errichtung der beiden Turmobergeschosse. Dieser Neubau wurde aus Backstein nach einem Entwurf des Greifswalder Universitätsbaumeisters Gustav E.B. Müller errichtet. Die ursprünglich abschließenden Ziergiebelchen im Turmhelmdach konnten 1980 bei der Neudeckung des Turmhelmes nicht erhalten werden. Betritt heute ein Besucher den Turmraum, wird er begrüßt mit dem Pauluswort: Seid Fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal und beharrlich im Gebet (Römer 12, 12).
Bei einer Renovierung des Inneren der Kirche im Jahre 1951/52 entdeckte man unter dem vorhandenen Anstrich im Gewölbe und an den Wänden des Chores farbige Wandmalereien.
Sie entstanden Ende des 14. Jh.s. Sofort ins Auge fällt die im Zentrum stehende Darstellung des Jüngsten Gerichtes. Sie zeigt Christus als thronenden Weltenrichter und als Schmerzensmann. Seitlich davon kniet Maria und Johannes der Täufer sowie weitere fürbittende Heilige, außerdem dargestellt ist die Paradiespforte, Michaels Drachenkampf und der große Höllenschlund mit den Verdammten. Im der unteren Bereich befindet sich die Darstellung der 12 Apostel sowie das Wappenschild einer heute nicht mehr bekannten Patronatsfamilie. 1420 erwarb die Stadt Greifswald das Patronat über unsere Kirche und seit 1460 hatte es dann die Universität Greifswald inne – einige der ältesten Universitätsurkunden beziehen sich auf Görmin.
Vom mittelalterlichen Inventar ist nur das Weihwasserbecken im Turmuntergeschoss sowie ein silbernes Abendmahlsgeschirr von 1479 erhalten geblieben. Dieses wurde 1980 unter dem südlichen Chorgestühl im losen Sand mit der zugehörigen Patene gefunden. Auf beiden Teilen findet sich eine Inschrift, die ihre Stiftung „Anno Domini 1479“ durch zwei Frauen für zwei Priester aus der Familie Steen belegt. Laut chronikalischer Nachrichten wurde das Kelchgeschirr mit anderen Gegenständen und Büchern während des Dreißigjährigen Krieges vor dem Eintreffen der Banérschen Truppen 1637 vergraben. Während die Plünderer die meisten vergrabenen Gegenstände entdeckten und raubten, blieb das älteste Görminer Kelchgeschirr knapp 350 Jahre lang im Kirchenboden erhalten. Seit seiner Auffindung wird es wieder bei den Abendmahlsfeiern gebraucht.
Die Kanzel bildet das älteste Stück der im Laufe der Zeit erfolgten Ein- und Umbauten und gehört zusammen mit dem Elias-Keßler-Altar und dem Kreuzigungsbild zum wertvollen barocken Inventar. Ihr Bau wird in der Zeit um 1650 vermutet. Damals wurde das während des Dreizigjährigen Krieges verwüstete Innere der Kirche wieder hergestellt. Der noch Renaissancestilistik aufweisende Kanzelkorb ruht auf einem ungewöhnlichem Granitfuß, dessen ursprüngliche Funktion nicht mehr bekannt ist. Die barocken Zutaten am Kanzelaufgang, an der Türbekrönung sowie dem Schalldeckel entstanden zeitgleich zum Altar 1709/10, gut erkennbar an den stilgleichen Akanthusschnitzereien und Engelsköpfen. Christus als guter Hirte steht in der Görminer Kanzel hinter dem Prediger, der Geist Gottes in Taubengestalt schwebt über ihm. Den Schalldeckel bekrönt triumphierend der auferstandene Christus, ausgestattet mit einer Fahne. Über der Kanzeltür steht Mose mit den 10 Gebote-Tafeln. Die acht Seiten des Kanzelkorbes wurden im 19. Jh. mit Emblemen versehen. Ältere Inschriften und Bildgebungen befinden sich wahrscheinlich darunter. Mit Hilfe von Spenden und der Restauratorin Jenny Louise Heymel erstrahlt die Kanzel seit 2020 in neuem Glanz.
Im Chor steht auf einem gemauerten Altar ein Aufsatz mit reichen Akanthusschnitzereien. Er war im wahrsten Sinne des Wortes „in die Jahre gekommen“. 1709/10 in der Werkstatt des Stralsunder Kunsttischlermeisters Hans Broder gefertigt, stecken über 300 Jahre in seinem Holz. In genau dieser Zeit hat in Broders Werkstatt der wohl berühmteste Bildhauer Pommerns Elias Keßler gearbeitet. Ihm haben wir die Figuren unseres wunderschönen Altars zu verdanken. In seinen drei Registern erzählt dieses Retabel die Passionsgeschichte Jesu. Auf dem zentralen Gemälde ist die Abendmahlsszene dargestellt, darüber das Gebet im Garten Gethsemane und alles bekrönend eine geschnitzte Kreuzigungsgruppe. Die vier Evangelisten stehen an und über den Säulen. Der Altaraufsatz stellt das kostbarste Kleinod der Kirche dar. Doch mittlerweile waren die Spuren des Alterns unübersehbar. Die Gemälde waren stark gedunkelt und Holzbretter, auf denen sie gemalt wurden, zeigten Risse. Die Schäden, die der Holzwurm verursachte waren überall präsent. Beim Markus war schon eine Hand abgefallen, wie auch Teile der wunderschönen Laubschnitzereien. Die Engelsgesichter waren fleckig und dunkel bzw. schwarz. 2019 konnte der von Elias Kessler geschaffene Alteraufsatz durch Jenny Louise Heimel restauriert werden. Finanziell möglich war dies durch die Aufnahme des Projektes „Meisterwerk in kleiner Kirche braucht Hilfe“ auf die Sparkassen-Crowdfunding-Plattform www.99Funken.de, durch die Unterstützung der Ostdeutsche Sparkassenstiftung und der Stiftung der Sparkasse Vorpommern für Wissenschaft, Kultur, Sport und Gesellschaft und durch die bereits seit Jahren eingeworbenen Spenden.
Ein in der Görminer Kirche hängendes Gemälde mit der Darstellung der Kreuzigung Christi ist vermutlich aus einem Altarbildnis heraus geschnitten. Das barocke Bild entstand wahrscheinlich im späten 17.Jahrhunderts. 2020 wurde es einer Restaurierung durch Jenny Louise Heymel unterzogen.
Die Spur eines 1710 erwähnten stehenden Taufengels, der im Chor aufgestellt war, verlor sich schon im 19. Jh. Nach wie vor vorhanden sind die zinnernen barocken Altarleuchter. Die barocken Chorgestühle, der Beichtstuhl und die Altarbrüstung wurden dagegen bei der letzten Kirchensanierung 1980 entfernt. Im Zuge dieser Renovierung erhielt unsere Kirche auch eine neue Innenausstattung. Das Gestühl sowie der eichene Mittelaltar mit Pult und Osterkerzenständer repräsentieren die Moderne. Die damals neu angefertigten Antependien fügen sich stimmungsvoll ein. 2014 erhielt der Mittelaltar eine in aufwändiger Handarbeit hergestellte neue Altardecke und 2022 wurde der Fuß des Mittelaltars wegen Holzwurmbefalls erneuert.
Die Südempore des Kirchenschiffes und ihr Bildprogramm stammen aus dem 18. Jahrhundert. Die Felder der West- und Nordemporen wurden im 19. Jahrhundert überarbeitet. Die spätbarocken Embleme der Südempore symbolisieren Aussagen des Glaubensbekenntnisses und der lutherischen Kirchenlehre. An der Nordempore brachte Kirchenmaler Gustav Hoffmann 1951/52 neuere Gemeindesymbole an. 2021 wurden die Emporen durch Jenny Louise Heymel gereinigt und teilrestauriert. Beleuchtet wird das Schiff von Kronleuchtern, die Johann Gottfried Wosaeck 1744 bzw. 1753 in Stralsund herstellte.
Im Glockenstuhl des Kirchturmes läuten zwei Glocken. Wie in vielen Kirchen sind es nicht mehr die ursprünglichen. Die ersten Görminer Glocken wurden 1682 geraubt. 1753 goss dann Johann Gottfried Wosaeck wiederum zwei Glocken für Görmin: eine große und eine kleinere. Die kleine überstand die Zeitläufte unversehrt, die große Glocke wurde 1917, im Ersten Weltkrieg, enteignet und eingeschmolzen. Durch freiwillige Spenden konnte aber 1925 in Apolda ein bronzener Nachguß entstehen.
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Dank des damaligen Pastors Egmont Schmidt und seiner Beharrlichkeit besitzt unsere Kirche seit 1855 eine Orgel. Der Stettiner Orgelbaumeister Barnim Grüneberg baute sie 1852/53 für die Pariser Industrie-Weltausstellung. Es ist die älteste mechanische Kegelladen-Orgel Pommerns mit 513 Pfeifen in sieben klingenden Stimmen, die größtenteils original geblieben sind. Für Orgeln dieser Zeit fast einzigartig ist der zum Gottesdienstraum gewendete einmanualige Spieltisch. Die Register – darunter auch das der Aoline – vermitteln die Orgelstimmung des 19. Jh.s in eindrucksvoller Klangfarbe. Im Jahre 2001 wurde schon einmal die Görminer Orgel restauriert. Im Laufe der Zeit mussten dann immer wieder kleinere und auch größere Reparaturen durchgeführt werden, da u.a. die klimatischen Bedingungen für solch eine Orgel in der Kirche nicht optimal sind. Mit Hilfe von Fördermitteln aus dem Stratregiefond des Landes Mecklenburg-Vorpommern und vielen Spenden aus unserer Gemeinde wurde durch den Orgelbauer Tobias Schramm 2023 dann eine umfassende Restaurierung und Reparatur der Orgel durchgeführt.
2018 fanden in der Kirche Sanierungsarbeiten statt. Der im vergangenen Jahrhundert eingebrachte Betonfußboden wurde entfernt und eine Holzdielung unter den Bankreihen eingebracht. Gleichzeitig wurde die gesamte Elektroanlage inklusive Beleuchtung erneuert. Eine eingebaute Bankheizung ermöglicht nun auch eine ganzjährige komfortable Nutzung.
2023 wurde mit Fördermitteln aus dem Stratregiefond des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Spenden aus der Gemeinde das Dache des Südeingangs an der Kirche, einschließlich (fast) aller Holzbalken, erneuert. Innen hat das Dach nun eine Holzschalung erhalten, so das der Raum jetzt als Lagerraum für Utensielien und Inventar genutzt werden kann. Der schon vorhandene Wasserspeier wurde auf einer Seite wieder eingebaut und auf der gegenüberliegenden Seite ein neuer Speier installiert.
Das barrierefreie Eingangsportal empfängt und entlässt die Besucher unserer Marienkirche mit dem Psalmwunsch:
„Der Herr segne deinen Ausgang und Eingang.“